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Mittwoch, 30. März 2011

Heisenberg über die Atomtechnik oder war es Max Born?

»Die Atomtechnik ist ein Triumph des menschlichen Verstandes, aber ein tragisches Versagen der menschlichen Vernunft«, soll Werner Heisenberg gesagt haben. Doch weder hat er das gesagt, noch geht es um die Atomtechnik. Richtig heißt das Zitat:
Ich gehöre zu der Generation, die zwischen Verstand und Vernunft unterschied. Von diesem Standpunkt ist die Raumfahrt ein Triumph des Verstandes, aber ein tragisches Versagen der Vernunft.
Und der Urheber ist Max Born
(in Max Born: Von der Verantwortung des Naturwissenschaftlers. Nymphenburger Verlagshandlung 1965, S. 126)

Dienstag, 29. März 2011

Wer hat das gesagt?

Gebildet ist, wer weiß, wo er findet, was er nicht weiß.
He is educated who knows how to find out what he doesn't know.
Celui qui est cultivé, c'est celui qui sait où trouver ce qu'il ne sait pas.
 
Antwort: Vermutlich stammt dieses Zitat aus China. Von Georg Simmel ist es jedenfalls nicht, denn er beruft sich selbst auf ein unbestimmtes "Man": 
Man hat mit Recht gesagt: gebildet ist, wer weiß, wo er findet, was er nicht weiß.
(In Georg Simmel: Postume Veröffentlichungen, Ungedrucktes, Schulpädagogik. Suhrkamp 2004, S. 355)
Korrekt ist also die Verfasserangabe nach Georg Simmel

Nachtrag: Auch diese Version ist nicht ganz korrekt. Wörtlich hat Simmel gesagt: 

"Denn man hat mit Recht gesagt: gebildet ist, wer weiß, wo er findet, was er nicht weiß."

Der Satz findet sich in dem folgenden Text:

Jeder Lehrstoff greift von sich aus schon über sich hinaus, er ist der Teil eines Ganzen, ja vieler Ganzen, in deren Zusammenhang er allein wirklich verstanden werden kann. Er ist umgeben von abgestuften Schichten immer weiterer Kenntnisse, die schließlich nur allgemeine Umrisse weitester Gebiete sind. Dieses Weitergreifen, dieser Überblick über das Gesamtgebiet muß gewonnen werden, wenn »Bildung« erreicht werden soll. Denn man hat mit Recht gesagt: gebildet ist, wer weiß, wo er findet, was er nicht weiß. Und dieser logisch-ideellen Erweiterung entspricht natürlich die Kraft und Lebendigkeit unserer geistigen Totalität. Dies hat noch eine greifbarere praktische Bedeutung: »Ich halte jede Organisation von vornherein für verfehlt, die dem reiferen Schüler nicht gestattet, neben seinen offiziellen Schularbeiten sich auch nach seiner Wahl wissenschaftlichen oder künstlerischen Beschäftigungen hinzugeben. Ja, ich möchte behaupten, daß es geradezu ein Wertmesser für die bildende Kraft – einer Schule ist, ob ihre Schüler der oberen Klassen aus freiem Antrieb sich in den Dienst irgendeiner von der Schule nicht geforderten Arbeit stellen« (Kerschensteiner).*
*(In Georg Kerschensteiner: Grundfragen der Schulorganisation. Teubner 1912, S. 255)
 

Montag, 28. März 2011

Homines quo plura habent, eo cupiunt ampliora

– Je mehr die Menschen besitzen, desto mehr begehren sie. –
Dieses Zitat über die Habgier ist so beliebt, dass es in viele Sprachen übersetzt wurde:
The more men have, the more they want.
Gli uomini quanto più hanno più desiderano.
Los hombres cuanto más tienen, tanto más desean.
Plus les hommes possèdent, plus ils veulent avoir.
Quien no se conforma con lo que tiene, nada tiene.
Juo daugiau žmonės turi, juo daugiau nori.
Più hanno ,più voglòiono.
Učený člověk má vždy bohatství v sobě.
Čím viac ľudia majú, tým viac $i želajú.
Střež se mít radost z cizího neštěstí.
Els homes, com més tenen, més desitgen.
Quien nõ se conforma con lo que tiene, nada tiene.
Quem mais tem, mais quer.
Što ljudi više imaju, to više žele.
Čím víc lidé mají, tím více si přejí.
İnsanlar çox şeyə sahib olduqca, daha da artığını istəyirlər.
Колкото повече имат хората, толкова повече искат.
Чем больше люди имеют, тем больше желают иметь.
люди чем больше имеют, тем больше жаждут. 
Aber von wem stammt das Zitat? Gefunden habe ich »antike Weisheit«, Seneca, Phaedrus, die Bibel und Justin, auch als Justinian, Justinus oder Iustinius bezeichnet. Antwort: von keinem von ihnen.
Denn das Zitat in der Fassung »Homines quo plura habent eo cupiunt ampliora« soll von dem Altertumswissenschaftler August Wilhelm Zumpt (1815–1877) oder einem noch älteren Grammatiker stammen. Entnommen ist es dem Buch des römischen Geschichtsschreibers Marcus Iunianus Iustinus Historiarum Philippicarum in Epitomen Redacti Liber VI, 1 (nach anderen Quellen auch 4.1 bzw. 4.3, aber diese habe ich nicht gefunden), auch Epitoma historiarum Philippicarum Pompei Trogi und Trogi Pompei Historiarum Philippicarum Epitoma genannt. 
Das Originalzitat lautet:
Lacedaemonii, more ingenii humani quo plura habent eo ampliora cupientes, non contenti accessione Atheniensium opum vires sibi duplicatas totius Asiae imperium adfectare coeperunt.
Die korrekte Verfasserangabe ist also nach Justin. 

Samstag, 26. März 2011

Einstein, die möglichen Waffen im 4. Weltkrieg und das Bikini-Atoll


Heute morgen las ich dieses Zitat von Albert Einstein und dachte, fein, dazu findest du sicher schnell die Quelle und kannst es gleich in den Blog stellen:
Ich weiß nicht, mit was der 3. Weltkrieg ausgetragen wird. Aber beim 4. Weltkrieg werden sie mit Steinen und Stöcken kämpfen.
Und damit ging es los. Eine Quelle fand ich nicht, dafür aber diverse unterschiedliche Zitierungen. Abgesehen vom Wortlaut nahm Einstein an, dass sie mit Pfeil und Bogen, mit Stöcken, mit Steinen und Keulen, Keulen und Äxten oder nur mit Keulen oder gar Steinkeulen kämpfen werden.

Nun gut, dachte ich, die unterschiedlichen Zitierweisen liegen an der Übersetzung, und forschte nach dem Originalzitat. Aber auch das war nicht einfach. Es gibt nämlich auch im Englischen diverse Zitierweisen.

Bemerkenswert fand ich dieses Zitat, allerdings wurde es nur einmal genannt:
World war 1 and 2 were fought with guns and bombs, world war 3 will be fought with lazer guns and nuclear weapons, world war 4 will be fought with sticks and stones.
Die meist gebrauchte Zitierweise ist
I know not with what weapons World War III will be fought, but World War IV will be fought with sticks and stones.
Das mit den stick and stones – Stöcken und Steinen – fand ich in allen Zitaten. Damit war die Waffenart geklärt.

Nun suchte ich die Quelle. Zu dem genannten Zitat fand ich erst einmal nichts, jedoch eine für diese Version »I do not know the weapons with which World War III will be fought, but I can assure you that World War IV will be fought with sticks and stones« und zwar: »O. Nathan and H. Nordon: Einstein on Peace (New York, 1968), pp. 31–42«.

Beim weiteren Suchen merkte ich, dass die berühmten Worte Teil eines Interviews waren. Und zwar antwortete Einstein auf die Frage »With what weapons will World War III be fought?« »That I don't know. But World War IV will be fought with sticks and stones«. Oder ähnlich. Denn auch die Antwort wird unterschiedlich zitiert, unter anderem mit diesen Worten: »I know not with what weapons World War III will be fought, but World War IV will be fought with sticks and stones, indicating the end of civilization.«

Und schließlich fand ich auch die Quelle: »From an interview, “Einstein at Seventy” with Alfred Werner, Liberal Judaism 16 (April–May 1949), 12. Einsteins Archives 30–1104, p. 9 of typescript« und das offensichtlich korrekte Zitat:
I don't know. But I can tell you what they will use in the Fourth—Rocks!
Und nun ist von stick and stones gar nicht mehr die Rede …

– Es heißt auch, dass Einstein dem damaligen Präsidenten der USA, Harry S. Truman, im Zusammenhang mit der möglichen Entwicklung der Atombombe geschrieben habe: »I know not with what weapons World War III will be fought, but World War IV will be fought with sticks and stones.« Belegt ist das jedoch nicht. –

Ich freute mich also, Originalzitat mitsamt Quelle gefunden zu haben, zumal diese auch an anderer Stelle genannt wurden (doppelt hält bekanntermaßen besser), und wollte endlich das Zitat einstellen. Aber dann entdeckte ich im Yale Book of Quotations, dass das Zitat zwar Einstein zugeschrieben werde, dass jedoch der Historiker Preston William Slosson laut Washington Post vom 16. Juli 1948 gesagt habe: »World War IV will be fought with bows and arrows.«

Nun ist zwar auch einmal von Pfeil und Bogen die Rede, aber ich war ganz verwirrt. Denn andererseits wird Einstein auch schon im Jahr 1948 in The Rotarian mit den Worten aus dem Interview zitiert. Wie passt das mit dem Interview zu Einsteins 70. zusammen, wenn Einstein doch erst am 14. März 1949 70 Jahre alt wurde?

Also habe ich noch einmal recherchiert. Und siehe da, Slosson ist gar nicht der einzige, dem dieser Ausspruch zugesprochen wird: Auf der Seite von Quote Investigator fand ich unter der Überschrift: »The Futuristic Weapons of WW3 Are Unknown, But WW4 Will Be Fought With Stones and Spears [man beachte die neue Waffenart Steine und Speere] – Omar Bradley? Albert Einstein? Young Army Lieutenant? Walter Winchell? Joe Laitin? James W. Fulbright?« die Antwort: Zuallererst war es ein U.S. Army Lieutenant auf dem Bikini-Atoll, der diese Worte gesagt hatte. Und zwar antwortete er Reportern, die ihn fragten, welche Waffen im nächsten Krieg benutzt werden mit »I dunno, but in the war after the next war, sure as Hell, they’ll be using spears!« Einstein und andere haben seine Worte in unterschiedlichen Versionen in den Jahren danach nur zitiert. (Zum empfehlenswerten Nachlesen hier der Link: http://quoteinvestigator.com/2010/06/16/future-weapons/)

Tatsächlich war also im ursprünglichen Zitat nur von Speeren die Rede.

Jedenfalls war es nichts mit dem Schnell-mal-ein-Zitat-Einstellen … Aber das war auch gut so, denn ich hätte Einstein gar nicht zitieren dürfen, da er noch nicht 70 Jahre tot ist.

Ich würde generell abraten, das Zitat »Ich weiß nicht mit was der 3. Weltkrieg ausgetragen wird. Aber beim 4. Weltkrieg werden sie mit Steinen und Stöcken kämpfen« auf Websites und wo auch immer zu verwenden, weil es eindeutig falsch ist. Und weil der eigentliche Urheber ein namenloser Lieutenant auf dem Bikini-Atoll ist …

Dienstag, 15. März 2011

Über Nietzsche, Byron, Juristen und Seeräuber


Auf so manchen Websites von Juristen findet sich das Zitat »Sollte ich einmal einen Sohn haben soll er etwas Prosaisches werden: Jurist oder Seeräuber« von Lord Byron. Auch Friedrich Nietzsche muss es so beeindruckt haben, dass er in der Morgenröte schrieb:
Die Vorwegnehmenden. – Das Auszeichnende, aber auch Gefährliche in den dichterischen Naturen ist ihre erschöpfende Phantasie: die, welche das, was wird und werden könnte, vorwegnimmt, vorweg genießt, vorweg erleidet und im endlichen Augenblick des Geschehens und der Tat bereits müde ist. Lord Byron, der dies alles zu gut kannte, schrieb in sein Tagebuch: »Wenn ich einen Sohn habe, so soll er etwas ganz Prosaisches werden – Jurist oder Seeräuber. (In Friedrich Nietzsche: Kritische Studienausgabe, hrsg. von Giorgio Colli & Mazzino Montinari. DTV 1999, S. 206)
Das schrieb er aber wohl weniger wegen der Vorschläge »Jurist oder Seeräuber«, sondern eher, weil er sich gegen die Überschätzung der Dichterphantasie wandte.
Um Lord Byrons Worte (und Nietzsche) zu verstehen, sollte man wissen, was Byron, der übrigens eine Vorliebe für Seeräuber hatte, weil sie ein Beispiel für prosaisches Leben waren, am 17. 3. 1814 in sein Tagebuch schrieb:
What the devil had I to do with scribbling? But an’ it were to do again, I should write again, I suppose. Such is human nature, at least my share of it; though I shall think better of myself if I have sense to stop now. If I have a wife, and that wife has a son – by any body – I will bring up mine heir in the most anti-poetical way – make him  lawyer, or a pirate, or – any thing. But if he writes too, I  shall be sure he is non of mine, and cut him off with a bank token. (In Thomas Moore: Letters and Journals of Lord Byron. Galignani 1830,  S. 173)
Ja, Byron ging soweit, dass er die Reimerei nur als einen »poetical humbug« ansah (I have no poetical humbug about me; I am too old for that.; siehe The London Literary Gazette and Journal of Belles Lettres, Arts, Sciences &c. 1830, S. 411)

Einen Sohn hat Byron allerdings meines Wissens nicht gehabt …

Samstag, 12. März 2011

Betr.: Urheberrecht Albert Einstein

Die Rechte an Albert Einsteins (gest. 1955) literarischen Werken liegen bei der Hebräischen Universität in Jerusalem. Die Universität hat Einsteins Namen auch als Marke eintragen lassen.

Mittwoch, 9. März 2011

Über Goethes Ratschläge an junge Dichter und einen Texteklau

Die deutsche Sprache ist auf einen so hohen Grad der Ausbildung gelangt, daß einem jeden in die Hand gegeben ist, sowohl in Prosa als in Rhythmen und Reimen sich dem Gegenstande wie der Empfindung gemäß nach seinem Vermögen glücklich auszudrücken. Hieraus erfolgt nun, daß ein jeder welcher durch Hören und Lesen sich auf einen gewissen Grad gebildet hat, wo er sich selbst einigermaßen deutlich wird, sich alsobald gedrängt fühlt, seine Gedanken und Urteile, sein Erkennen und Fühlen mit einer gewissen Leichtigkeit mitzuteilen.
Goethe, Für junge Dichter
(in Goethe's Werke: Vollständige Ausgabe letzter Hand, Bände 45–46, Cotta 1833, S. 423)
Wer wissen möchte, was Goethe jungen Dichtern noch rät, schaue hier nach
Die Version »… einem jeden in die Hand gegeben …« ist falsch. Falsch ist auch
Unsere Sprache ist auf einem so hohen Grad Ausbildung gelangt, dass fast einem Jeden gegeben ist, in Prosa und Versen bald mehr, bald minder glücklich sich auszudrücken (…). Daher mag es nun auch kommen, dass Mancher sich vorübergehend gedrängt fühlt, sein Denken, Erkennen und Fühlen geschickt und ungeschickt in Rhythmen und Reimen auszudrücken (…),
denn das ist offensichtlich eine Übernahme von Goethes Ausführungen ohne Angabe des Urhebers in einer Rezension von E. G. Gersdorf in Repertorium der gesammten deutschen Literatur aus dem Jahre 1841.
Zum Glück für den Verfasser konnte man damals noch nicht nach Plagiaten googeln …

Dienstag, 8. März 2011

Wussten Sie eigentlich, dass …


… Luther gar nicht gesagt hat »Hier stehe ich, ich kann nicht anders«?

Nein? Ich auch nicht. Aber dann erfuhr ich, dass der Ausspruch auch Arminius (Hermann) dem Cherusker zugesprochen wird. Leider habe ich dafür keine Quelle gefunden. Doch dank eines Hinweises von Elisabeth Dägling, einem netten Mitglied der Zitategruppe bei Xing (durch das ich überhaupt erst erfahren hatte, dass die Redewendung nicht von Luther ist), sagten die beiden verfeindeten Cheruskerfürsten Arminius und Flavius über die Weser hinweg zueinander: »Hier stehe ich, ich konnte [kursiv jmw] nicht anders« (http://tinyurl.com/3ysuugt). Die Urheberschaft ist damit zwar nicht ganz geklärt und wird es auch nie werden. Aber ich bin's zufrieden.

Luthers Worte am Ende seiner Rede auf dem Reichstag 1521 in Worms lauten nämlich sollen gelautet haben:
Da Eure kaiserliche Majestät und Eure Herrlichkeiten eine schlichte Antwort begehren, so will ich eine solche ohne Hörner und Zähne geben diesermaßen: Wenn ich nicht durch Zeugnisse der Schrift und klare Vernunftgründe überzeugt werde; denn weder dem Papst noch den Konzilien allein glaube ich, da es feststeht, dass sie öfter geirrt und sich selbst widersprochen haben, so bin ich durch die Stellen der Heiligen Schrift, die ich angeführt habe, überwunden in meinem Gewissen und gefangen in dem Worte Gottes. Daher kann und will ich nichts widerrufen, weil wider das Gewissen etwas zu tun weder sicher noch heilsam ist. Gott helfe mir, Amen!
(Quelle: http://www.christliche-autoren.de/luther.html)
Erst in einem späteren Druck lauten die letzten Worte in Luthers Rede »Hier stehe ich, ich kann nicht anders, Gott helfe mir, Amen.« Weiterlesen

Nachtrag vom 27. 9. 2011:

Das ist so nicht richtig. Über Luthers Rede vor dem Reichstag ist nur berichtet worden, im Orginal liegt sie nicht vor. Tatsächlich findet sich der Satz unter der Überschrift Handelung des Ehrnwirdigen Vaters / D. Martini Luthers / heiliger gedechtnis / für Kei.Mai-Kur/Fürsten vnd Stenden / des H. Röm. Reichs auffm Reichstage zu Wormbs im Verzeichnis oder Register etlicher Schrifften des Ehrwirdigen und Hochgelarten Herrn Doctoris Lutheri seliger und groslöblicher gedechtnis vom 1517. jar bis in das 1532. Jar, welche in diesen neunden Teil gedruckt sind, aus dem Jahr 1557
… DArauff sagte D. Luther / Weil denn ewre Rei.Mai-Kur vnd F. G. eine schlechte / einfeltige / richtige Antwort begeren / So wil ich die geben / so weder Hörner oder Zeene haben sol / nemlich also / Es sey denn das ich mit Zeugnissen der heiligen Schrifft / oder mit öffentlichen klaren vnd hellen Gründen und Vrsachen vberwunden und vberweiset werde / (Denn ich gleube weder dem Bapst noch den Concilien alleine nicht / weil es am tage vnd offenbar ist / das sie offt geirret haben / vnd jnen selbs widerwertig gewesen seyn) vnd ich also mit den Sprüchen / die von mir angezogen und eingeführet sind / vberzeuget / vnd mein Gewissen in Gottes wort gefangen sey / So kan vnd wil ich nichts Widerruffen / Weil weder sicher noch geraten ist etwas wider das Gewissen zu thun. Hie stehe ich / Ich kan nicht anders / Gott helff mir / Amen. (S. 110)
Es sei denn, dass ich mit Zeugnissen der Heiligen Schrift oder mit öffentlichen, klaren und hellen Gründen und Ursachen überwunden und überwiesen werde – denn ich glaube weder dem Papst noch den Konzilien allein nicht, weil es am Tage und offenbar ist, dass sie oft geirrt haben und sich selbst widerwärtig gewesen sind – und ich also mit den Sprüchen, die von mir angezogen und eingeführt sind, überzeugt, und mein Gewissen in Gottes Wort gefangen sei, so kann und will ich nichts widerrufen, weil weder sicher noch geraten ist, etwas wider das Gewissen zu tun. Hier stehe ich, ich kann nicht anders. Gott helfe mir! Amen.
 Und weiter heißt es:
DIese Antwort des Doctors / namen die Kur/fürsten vnd Stende des Reichs an / zu beratschlagen. Nach vleissigem erwegen / fieng das Trierische Official an / dieselbe also zu widerlegen. …

(siehe auch http://juttas-zitateblog.blogspot.com/2011/03/wussten-sie-eigentlich-dass.html

Über Mark Twains Glühwürmchen und Blitze

Wer kennt nicht Mark Twains Ausspruch »Der Unterschied zwischen dem beinahe richtigen Wort und dem richtigen Wort ist wirklich eine große Sache – es ist der Unterschied zwischen dem Glühwürmchen und dem Blitz« (besser bekannt unter »Der Unterschied zwischen dem beinahe richtigen Wort und dem richtigen Wort ist so groß wie der zwischen dem Glühwürmchen und dem Blitz«, siehe http://juttas-schreibtipps.blogspot.com/2011/02/zitat-des-tages.html)?

Twain gefiel der Glühwürmchen-/Blitz-Vergleich so gut, dass er ihn in verschiedenen Zusammenhängen gebrauchte, so auch in diesem Zitat:

»Einige verwechseln Aufgewecktheit mit Scharfsinn; der Unterschied zwischen Aufgewecktheit und Scharfsinn ist derselbe wie zwischen dem Glühwürmchen und dem Blitz.«
Some folks mistake vivacity for wit; whereas the difference between vivacity and wit is the same as the difference between the lightning-bug and the lightning. (Albert Bigelow Paine: Mark Twain A Biography, Vol. I and II)

Aber alles was Recht ist: Diesen schönen Vergleich hat Mark Twain nicht selbst erdacht, sondern er verdankt ihn Josh Billings (eigentlich Henry Wheeler Shaw), was er in seiner Rede am 30. 11. 1901 anlässlich des 145. Dinners der St. Andrew's Society mit den Worten betonte: »Josh Billings definierte den Unterschied zwischen Humor und Witz als den zwischen dem Glühwürmchen und dem Blitz« (Josh Billings defined the difference between humor and wit as that between the lightning bug and the lightning; in Paul Fatout (Hrsg.), Mark Twain Speaking). weiterlesen

Montag, 7. März 2011

Betr.: Urheberrecht Heinz Erhardt

Heinz Erhardts Texte sind geschützt, weil er noch nicht siebzig Jahre tot ist. Abgesehen davon liegen die Rechte bei Heinz Erhards Erben. Die Abdruckerlaubnis kann hier eingeholt werden

Sonntag, 6. März 2011

Über das Zitat »Das Leben ist zu kurz, um Deutsch zu lernen«


Aha. Da sollen so einige Menschen festgestellt haben, dass »das Leben zu kurz (ist), um Deutsch zu lernen«, nämlich Woody Allen, Susan N. Bayley, Mark Twain, Thomas Love Peacock, Richard Porson, Voltaire und Oscar Wilde.

Nur, wer hat das wirklich gesagt? Es war wohl Richard Porson (1759–1808). Allerdings habe ich dafür nur einen indirekten Beleg gefunden, und zwar in Thomas Carlyles Fraser's Magazine for Town and Country, Bd. 61, April 1860, S. 455, und in Gryll Grange von Thomas Love Peacock, Parker, Son, and Bourn, 1861:
It was a dictum of Porson, that "Life is too short to learn German:" meaning, I apprehend, not that it is too difficult to be acquired within the ordinary space of life, but that there is nothing in it to compensate for the portion of life bestowed on its acquirement, however little that may be. (S. 21)
– Womit zumindest bewiesen ist, dass Thomas Love Peacock (1785–1866) nicht der Urheber des Zitats ist. –

Wie es so schön heißt, werden Mark Twain (1835–1910) im Zweifelsfalle viele Zitate in den Mund gelegt, so auch dieses. Als Quelle wird sein Artikel The Awful German Language (Die schreckliche deutsche Sprache) genannt. Das liegt nahe, nur habe ich das Zitat dort nicht gefunden.

Oscar Wilde (1854–1900) wiederum soll auf eine Frage zum Deutsch lernen geantwortet haben: "Life is too short to learn German". Belegt ist das nicht. Ebensowenig bei Woddy Allen und Susan N. Bayley.

Interessanter ist da die Frage, ob Voltaire (1694–1778) gesagt hat "La vie est trop courte pour apprendre l'allemand". Aber auch dafür habe ich keinen Beleg gefunden. –

Fragt sich noch, wie das Zitat überhaupt gemeint ist. Für den Linguistikprofessor Porson ist sicher die deutsche Sprache so komplex, dass man ein Leben dafür braucht, um sie zu lernen. Für Twain und Wilde wäre eher das Leben zu schade, als es mit dem Erlernen der deutschen Sprache zu vergeuden …

(Weitere Übersetzungen des Zitats siehe hier und eine Diskussion über das Zitat (engl). hier)

Samstag, 5. März 2011

Kästner und die Steine – oder sind sie doch von Goethe oder von wem?

Wir lieben Zitate. Wir sammeln sie, erfreuen uns daran, finden Trost. Und manchmal benutzen wir Zitate, weil sie so praktisch sind. Für alle Lebenslagen sozusagen. Ungewohnt ist allerdings noch, dass Politiker ihre Reden oder Statements mit Zitaten würzen. Wenn sie das aber tun, sollten sie oder besser ihre Redenschreiber genau recherchieren, ob das Zitat richtig ist und ob es dem richtigen Urheber zugeordnet ist (und wenn ja, ob er überhaupt zitiert werden darf).
Ursula von der Leyen gebrauchte im Zusammenhang mit der Reform von Hartz IV und deren Kritikern ein Zitat von Goethe, wie sie sagte: „Aus Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, kann man Schönes bauen.“ Ob es in dem Zusammenhang das richtige Zitat ist, sei dahingestellt. Fragt sich nur: Ist es wirklich von Goethe?
Ich wäre darauf gar nicht gekommen, hätte ich nicht neulich genau dieses Zitat getwittert, weil es zu meiner momentanen Stimmung so gut passte, und als Antwort bekam: „Wo hat Goethe das gesagt?“ Nun ja, das nahm ich nicht so ernst. Man twittert ja so manches. Schließlich wird er nicht alles und jedes aufgeschrieben haben. Ich erfuhr dann aber zufällig, dass das Zitat von Kästner stammen soll. Daraufhin bekam ich einen Schreck, denn Kästner darf man ja nun ganz und gar nicht zitieren (siehe http://juttas-schreibblog.blogspot.com/search?q=k%C3%A4stner). Also googelte ich mal wieder ein bisschen. Und stellte fest, dass wohl niemand so recht weiß, wie das Zitat überhaupt heißt. Ich fand folgende Versionen (die Tippfehler habe ich mal außen vor gelassen), wobei auch die mit demselben Wortlaut Kästner beziehungsweise Goethe zugeschrieben wurden. Das heißt, „unbekannt“ stand auch einmal dabei. weiterlesen