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Donnerstag, 7. April 2011

Wer aber nicht eine Million Leser erwartet, sollte keine Zeile schreiben

12. Mai 1825

„Überall“, fuhr Goethe fort, „lernt man nur von dem, den man liebt.  Solche Gesinnungen finden sich nun wohl gegen mich bei jetzt heranwachsenden jungen Talenten, allein ich fand sie sehr spärlich unter gleichzeitigen. Ja ich wüßte kaum einen einzigen Mann von Bedeutung zu nennen, dem ich durchaus recht gewesen wäre. Gleich an meinem ‚Werther’ tadelten sie so viel, daß, wenn ich jede gescholtene Stelle hätte tilgen wollen, von dem ganzen Buche keine Zeile geblieben wäre. Allein aller Tadel schadete mir nichts, denn solche subjektive Urteile einzelner obgleich bedeutender Männer stellten sich durch die Masse wieder ins Gleiche. Wer aber nicht eine Million Leser erwartet, sollte keine Zeile schreiben.“

„Nun streitet sich das Publikum seit zwanzig Jahren, wer größer sei: Schiller oder ich, und sie sollten sich freuen, daß überhaupt ein paar Kerle da sind, worüber sie streiten können.“

Johann Wolfgang von Goethe

(In Johann Peter Eckermann: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens 1823–1832, Teil 1. Zweite, mit einem Register versehene Ausgabe Brockhaus 1837, S. 221)

Das ganze Gespräch vom 12. Mai können Sie hier „komfortabler“ nachlesen

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