Neulich wurde die Frage gestellt, ob man in dieser Form ein Zitat des Schweizer Malers, Kunsttheoretikers und Kunstpädagogen Johannes Itten (1888–1967) in ein Buch aufnehmen dürfe und ob das Zitat überhaupt von ihm sei.
"Die Form ist auch Farbe.
Ohne Form keine Farbe.
Form und Farbe sind eins."
Das Zitat ist zwar soweit von Itten, ist aber im Wortlaut falsch. Richtig muss es heißen
Die Form ist auch Farbe. Ohne Farbe keine Form, ohne Form keine Farbe. Form und Farbe sind eins.Und natürlich kann man es nicht als Gedicht schreiben, wenn es kein Gedicht ist.
Vollständig heißt es:
Die am besten fassbare Form ist die geometrische, deren Grundelemente der Kreis, das Quadrat, das Dreieck sind. In diesen drei Formelementen liegt jede mögliche Form keimhaft. Sichtbar dem Sehenden – unsichtbar dem Nichtsehenden.Aber: Mit den Worten „Ohne Farbe keine Form“ wird auch der deutschen Maler und Bildhauer Rudolf Maison (1854–1904) in Karl Eugen Schmidts Künstlerworte auf S. 181 zitiert (Seemann 1906). Eine Quelle dafür habe ich allerdings nicht gefunden.
Die Form ist auch Farbe. Ohne Farbe keine Form, ohne Form keine Farbe. Form und Farbe sind eins. Die Farben des Spektrums sind die faßbarsten. In ihnen liegt jede mögliche Farbe keimhaft, sichtbar dem Sehenden – unsichtbar dem Nichtsehenden.
Im Faßbarsten aber liegt die größte, eindrucksvollste Ausdruckskraft.
(Joh. Itten: Fragmentarisches. In Hölzel und sein Kreis, 1916. Strecker und Schröder 1916, S. 16)
Doch bereits 1842 schrieb der Lehrer der Zeichenkunst an „mehrern kaiserlichen Erziehungsanstalten in Petersburg“, Gustav Adolf Hippius (1792–1856):
Ohne Licht keine Farbe, ohne Farbe keine Form, ohne Form kein Begriff; – Licht ist der Urquell alles Lebens.Ob sich Maison Hippius’ Worte und Itten wiederum Maisons Worte nur „bedient“ haben, weiß ich nicht.
(In G. A. Hippius: Grundlinien einer Theorie der Zeichenkunst, als Zweiges allgemeiner Schulbildung, nebst praktischer Anleitung für Lehrer und Lehrerinnen. Petersburg 1842; 1846 in Reval veröffentlicht unter Versuch, das pädagogische Verhalten angehender Zeichner in Grundsätze zu fassen; zitiert nach Pädagogischer Jahresbericht für Deutschlands Volksschullehrer 1846, 1, S. 286)
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