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Sonntag, 12. Juni 2011

Man entdeckt keine neuen Weltteile, ohne den Mut zu haben, alle Küsten aus den Augen zu verlieren


– Auch: „Man entdeckt keine neuen Erdteile, ohne den Mut zu haben, alte Küsten aus den Augen zu verlieren.“
On ne découvre pas de nouveaux continents sans avoir le courage de perdre de vue les côtes familières.“
Man cannot discover new oceans unless he has the courage to lose sight of the shore.“* –

heißt ein bekanntes Zitat von Andrè Gide aus seinem Werk Die Falschmünzer (Les faux-monnayeurs; The Counterfeiters). Nur – so hat er es nicht gesagt. Richtig heißt es:

„Ich habe oft bedacht“, unterbrach Edouard den Sprechenden, „daß in der Kunst, besonders in der Literatur, nur der in Betracht kommt, der Unbekanntes sucht. Man entdeckt keine neuen Weltteile, ohne den Mut zu haben, alle Küsten aus den Augen zu verlieren. Doch unsere behutsamen Literaten fürchten sich vor dem hohen Meer: das Geschäft, das sie betreiben, ist nur Küstenschiffahrt.“ (S. 449)

J'ai souvent pensé, interrompit Édouard, qu'en art, et en littérature en particulier, ceux-là seuls comptent qui se lancent vers l'inconnu. On ne découvre pas de terre nouvelle sans consentir à perdre de vue, d'abord et longtemps, tout rivage. Mais nos écrivains craignent le large; ce ne sont que des côtoyeurs. (S. 52)

“I have often thought,“ interrupted Edouard,  that in art, and particularly in literature, the only people who count are those who launch out on to unknown seas. out on to unknown seas. One doesn't discover new lands without consenting to lose sight of the shore for a very long time. But our writers are afraid of the open; they are mere coasters. (S. 309)

Ernst Bloch hat Gides Zitat in seinem Werk Das Materialismusproblem: Seine Geschichte und Substanz aufgegriffen (ob er irgendwo die Quelle genannt hat, ist unbekannt).
Alles muß derart mit neuem Zug begonnen werden können, man entdeckt keine neuen Weltteile, wenn man nicht den Mut hat, die bekannten Küsten aus dem Auge zu verlieren. Aber alles Lebendige aus den alten Küsten fährt ebenso im Prozeß des Neuen, gar Eigentlichen mit, wonach eben nichts weniger jakobinisch, nichts überlegter konservativ ist als konkrete Revolution. (S. 417)
 *Rückübersetzungen aus dem Deutschen

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